Zeit für Vorurteile

Wir alle haben sie. Manchmal sind sie uns mehr und manchmal weniger bewusst – Vorurteile!

Doch was sind Vorurteile eigentlich? Warum sind sie problematisch? Wie erkenne ich eigene Vorurteile und wie gehe ich mit diesen am besten um? Um diese Fragen und deren Beantwortung soll es in diesem Beitrag gehen.

Was sind Vorurteile?

Vorgefasste Meinungen oder Einstellungen gegenüber anderen Menschen oder Personengruppen bezeichnet man als Vorurteile. Diese basieren auf generalisierten Annahmen und Stereotypen und nicht auf eigenen Erfahrungen oder fundierten Informationen. Wir alle tragen sie in uns und sie gehören zu uns als Menschen. Doch so allgegenwärtig sie auch sind, Vorurteile sind problematisch und ziehen erhebliche negative Auswirkungen nach sich. Um dies besser zu verstehen sehen wir uns zunächst die Entstehung von Vorurteilen an.

Wie entstehen Vorurteile?

Mit Hilfe von Vorurteilen schaffen wir eine Kategorisierung um die Welt um uns herum besser zu verstehen. Wir generalisieren dabei Informationen über andere Menschen und Gruppen und stecken sie auf diese Weise in bestimmte „Schubladen“. Dabei spielen verschiedene Punkte eine Rolle:

  • Kognitive Vereinfachung: Als Menschen neigen wir dazu, die Welt zu vereinfachen, um sie besser zu verstehen. Diese kognitive Vereinfachung und die damit verbundene Bildung von Vorurteilen hilft uns dabei. Wir sind dadurch in der Lage schnell Informationen, welche wir von unserem Gegenüber erhalten, zu verarbeiten und Entscheidungen zu treffen. Die Konsequenz daraus ist leider häufig fehlerhaft und führt zu unfairen Urteilen über jene Personen und Gruppen.

  • Soziale Kategorisierung: Bei der sozialen Kategorisierung teilen wir Menschen in Gruppen ein. Beispiele hierfür sind Alter, Geschlecht oder Ethnie. Es vereinfacht uns auf der einen Seite unser soziales Leben zu organisieren, führt jedoch auf der anderen Seite zu Vorurteilen und Stereotypen.

  • Soziale und kulturelle Einflüsse: Wir alle wachsen in einem sozialen und kulturell geprägtem Umfeld auf und leben in diesem. Familie, Freunde, Medien, gesellschaftliche Normen – all das prägt unsere Einstellungen und Überzeugungen. Durch diese Sozialisierung und kulturelle Prägung werden Vorurteile übernommen und weitergegeben.

  • Erfahrungen und Lernprozesse: Haben wir negative Erfahrungen mit Mitgliedern einer bestimmten Gruppe gemacht, neigen wir dazu diese Erfahrungen zu verallgemeinern und auf anderen Personen aus dieser Personengruppe zu übertragen. Daraus entwickeln und verhärten sich Vorurteile.

  • Unbewusste Prozesse: Unsere Wahrnehmungen und Entscheidungen werden häufig auch von Vorurteilen beeinflusst, welche uns gar nicht bewusst sind. Diese unbewussten Vorurteile sind meist tief in uns verankert und nur schwer als solche zu identifizieren. Diese Tatsache macht es ebenso schwer sie zu ändern.

Positive Vorurteile

Es gibt durchaus auch sogenannte „positive Vorurteile“. Doch entgegen ihrer Bezeichnung sind diese nicht als positiv zu werten. Vielmehr sind es vorgefasste Meinungen, die zwar auf den ersten Blick wohlwollend gemeint sind und vorteilhaft erscheinen, aber dennoch Stereotypen und pauschalisierte Annahmen über Personen und Gruppen enthalten, welche negative Auswirkungen mit sich bringen.

Beispiele für positive Vorurteile sind „Frauen sind von Natur aus fürsorglicher“ oder „Südländern liegt der Rhythmus im Blut und sie können gut tanzen“. Dies klingt zunächst positiv und ist oft gut gemeint. Sie sind jedoch problematisch, weil sie Menschen auf bestimmte Rollen oder Eigenschaften reduzieren und individuelle Unterschiede ignorieren.

Ebenso erzeugen sie häufig auch den Druck Erwartungen zu entsprechen und sprechen Individualität ab. Sowohl die persönliche, als auch die berufliche Entwicklung kann durch den Druck diese Erwartungen erfüllen zu müssen beeinträchtigt werden.

Doch was sind eigentlich ganz allgemein die Folgen von Vorurteilen?

Negative Auswirkungen von Vorurteilen

  • Diskriminierung und Ungerechtigkeit: Vorurteile schlagen leicht in diskriminierendes Verhalten um und sorgen damit für eine ungleiche Behandlung. Dies führt zu Ungerechtigkeiten, welche ganz verschiedene Bereiche des Lebens betreffen können. Ob Wohnungs- oder Jobsuche, sowie der Zugang zu Bildung – qualifizierte Bewerber:innen werden durch Vorurteile in diesen und anderen Bereichen benachteiligt.

  • Einschränkung von Möglichkeiten: Auf Grund von Vorurteilen erhalten nicht alle Menschen die gleichen Chancen. So werden Möglichkeiten und Entwicklungschancen stark eingeschränkt und betroffene Personen können ihr Potenzial nicht voll ausschöpfen. So werden zum Beispiel durch Geschlechtervorurteile Frauen davon abgehalten in bestimmten Berufen oder Positionen Erfolg zu haben.

  • Schädigung des Selbstwertgefühls: Ist eine Person ständig Vorurteilen ausgesetzt, macht das etwas mit ihr. Das Selbstwertgefühl wird herabgesetzt und Selbstvertrauen kann sich schlechter entwickeln. Die mentale Gesundheit wird dadurch beeinträchtigt. Die Folge können psychische Belastungen wie Stress, Depressionen und Ängste sein.

  • Soziale Spaltung und Konflikte: Vorurteile tragen massgeblich zu einem „wir gegen die Gefühl“ und damit zu einer sozialen Spaltung bei. Durch die dabei entstehenden Spannungen und Konflikte wird das Zusammenleben verschiedener Gruppen erschwert. So führen Vorurteile gegen verschiedene ethnische oder religiöse Gruppen immer wieder zu Feindseligkeiten und sogar Gewalttaten.

  • Verzerrte Wahrnehmung und Entscheidungsfindung: Wie oben bereits erwähnt ist der Nutzen von Vorurteilen, dass wir auf Grund der Kategorisierung in der Lage sind, schnelle Entscheidungen zu treffen. Dies scheint zwar auf den ersten Blick von Nutzen zu sein, kann aber auch fatale Folgen haben. So treffen wir Entscheidungen basierend auf Stereotypen und falschen Annahmen, da unsere Wahrnehmung durch die Vorurteile verzerrt ist. Die Folge sind mitunter ungerechtfertigte, sowie ineffektive Massnahmen.

  • Verhinderung von Diversität und Inklusion: Durch die aus Vorurteilen resultierende Diskriminierung wird verhindert, dass Organisationen und Gemeinschaften das volle Potenzial ausschöpfen. Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Perspektiven werden ausgeschlossen. Dies verhindert direkt Inklusion und Diversität. Ein vielfältiges und inklusives Umfeld, welches Kreativität fördert, Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt schafft, kann so nicht entstehen.

Doch wie ist es eigentlich um uns selbst bestellt? Welche Vorurteile haben wir und wie gehen wir mit diesen am Besten um?

Reflexion eigener Vorurteile

Wie bereits erwähnt tragen wir sie alle in uns und sie gehören zu unserem Menschsein dazu. Auf Grund der gravierenden Folgen, welche Vorurteile jedoch für uns als Gesellschaft und vor allem auch für einzelne Personen haben, ist es wichtig uns mit diesen auseinander zu setzen. Eigene Vorurteile zu reflektieren ist unabdingbar um die negativen Auswirkungen zu minimieren. Folgendes hilft, sich der eigenen Vorurteile bewusst zu werden und aktiv an deren Überwindung zu arbeiten.

  • Selbstreflexion und Bewusstsein: Ein wichtiger erster Schritt ist sich die eigenen Vorurteile bewusst zu machen und kritisch zu hinterfragen. Eigene Gedanken und Gefühle gilt es dabei zu hinterfragen. Habe ich ein bestimmtes Bild, wiederkehrende Gedanken oder Gefühle, wenn ich Menschen einer bestimmten Zugehörigkeit begegne? Woher kommen diese und was machen sie mit mir? Auch ich persönlich stelle immer wieder fest, dass an bestimmte Merkmale Vorurteile meinerseits geknüpft sind. Durch die Bewusstwerdung, wann das passiert und die Überlegung, wo diese Vorurteile herkommen, kann ich daran arbeiten mein generalisiertes Bild von diesen Menschen zu überwinden.

  • Bildung und Information: Mit Hilfe eines besseren Verständnisses über die Mechanismen und Auswirkungen von Vorurteilen, sind wir in der Lage diese zu bekämpfen. Informationen dazu finden sich in einer Vielzahl von Büchern, Artikeln, Dokumentationen und anderem. Mir selbst hilft das immer wieder, eigene Vorurteile zu erkennen und zu verstehen, warum diese problematisch sind. Daraus ergibt sich automatisch ein anderer Umgang mit den eigenen Vorurteilen und vor allem natürlich mit betroffenen Menschen.

  • Offenheit und Empathie: Durch Begegnungen und den Austausch mit Betroffenen von aus Vorurteilen resultierender Diskriminierung ist es möglich die eigene Perspektive zu erweitern. Diesen Begegnungen und dem Austausch gegenüber sollten wir offen sein. Empathie für diese Menschen und das aktive Zuhören hilft dabei die Auswirkungen von Vorurteilen zu verstehen und diese zu überwinden.

  • Achtsamkeit und bewusste Entscheidungen: Indem wir im Alltag achtsam sind und auf unsere Gedanken und Reaktionen achten, sind wir in der Lage bewusstere Entscheidungen zu treffen. Dies verhindert, dass wir unser Gegenüber auf Grund von bestehenden Vorurteilen bewerten und vorschnelle Entscheidungen treffen. Durch die Auseinandersetzung mit der Thematik fällt es mir persönlich im Alltag zunehmend schneller auf, wenn ich ein Vorurteil habe. Dank dieser Bewusstwerdung bin ich in der Lage kurz innezuhalten und mich bewusst zu entscheiden, davon Abstand zu nehmen und mein Gegenüber neutral zu bewerten.

  • Vielfältige Erfahrungen sammeln: Es ist hilfreich mit Menschen aus verschiedenen kulturellen, sozialen und ethnischen Hintergründen in Kontakt zu treten. Der Austausch und das Erleben unterschiedlicher Lebensrealitäten schafft gegenseitiges Verständnis. Sind wir dabei offen und emphatisch, können sich Vorurteile nach und nach abbauen. Diese Erfahrungen empfinde ich persönlich stets als besonders wertvoll in meinem Leben.

Fazit

Eine aktive Auseinandersetzung mit Vorurteilen im allgemeinen und den persönlichen Vorurteilen im speziellen ist ein wichtiger Schritt um die negativen Auswirkungen, welche zu Diskriminierung führen, zu minimieren. Dies schafft nicht nur eine vielfältigere Gesellschaft, sondern führt ebenso zu mehr Gerechtigkeit und Inklusion.

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